Die heutige Aktie gehört zu den klassischen zyklischen Konsumgüteranbietern. Bijou Brigitte DE0005229504) ist als Anbieter von Modeschmuck im eher unterklassigen Preissegment bereits seit über 50 Jahren aktiv. Die eher klein gehaltenen Shops, welche äußerst effizient genutzt werden, sind oftmals in großen Einkaufszentren oder gar Bahnhofshallen zu finden. Großer Luxus und hoher Service sieht sicherlich anders aus. Das ist in diesem Fall aber überhaupt nicht schlimm und ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodelles. Darüber hinaus versucht man auch mit etwas hochwertigeren Produkten zu überzeugen, wobei der Fokus sicherlich auf erstem liegt.

Insgesamt betreibt der Hamburger Konzern über 1.150 Filialen. Ungefähr die Hälfte aller Umsätze wird dabei in Deutschland generiert. Weitere Absatzmärkte sind Spanien mit fast 15% Umsatzanteil, Italien mit über 11% und Portugal mit immerhin 3.2%.

Die Aufmerksamkeit auf dieses grundsolide Unternehmen ist aufgrund eines Screenings entstanden, welches zum Ziel hatte künftige Targets von Warren Buffett’s nächster Übernahme in Deutschland zu überprüfen. Mehr dazu später.

Das heutige Chartbild erfordert etwas mehr Erklärung und dürfte auch erst auf den genaueren Blick verständlich werden. Der RSI (14 Tage) ist noch im neutralen Bereich, wenngleich ein überkaufter Kurs, wie erste Anfang Juni bald eintreten könnte, sollte der RSI erneut ansteigen. Hierfür sollte vor allem die Marke von 60€ in Augenschein genommen werden. In der Vergangenheit ist man sowohl im November des letzten Jahres als auch Anfang Juni (mit oberer Linie eingezeichnet) abgeprallt. Wenn man sich nachhaltig (Schlusskurse eines Tages & Schlusskurse der Woche) darüber halten kann, könnte dies weiteres Potential bieten. Allerdings ist auch zu beachten, dass im November 2015 ein Gap nach unten aufgemacht wurde, welches bis heute nicht geschlossen ist. Wie so häufig ist die Charttechnik als oftmals selbsterfüllende Prophezeiung jedoch nur kurz- bis mittelfristig zu beachten.

Wie gewohnt wollen wir die größte Aufmerksamkeit auf die fundamentale Betrachtung des Unternehmens legen. Dies geht zum einen sowohl quantitativ als auch qualitativ. Ersteres soll den Anfang machen.

  • Bewertung: Das größte Argument ist derzeit in der Bewertung zu finden. Sowohl bei genereller Betrachtung als auch im Vergleich zur Branche steht das Unternehmen günstig dar. Das aktuelle KBV ist mit 1,92x ebenso deutlich geringer als das Fünf-Jahres-Ø KBV mit 2,2x. Häufig kehren Aktien im Laufe unterschiedlicher Zyklen zu ihrem historischen Mittelwert zurück. Demnach wäre sogar ein fairer Kurs von über 68€ gerechtfertigt. In Anbetracht der künftigen Cashflows wird ein fairer Mittel (DCF-Modell) von immerhin 65€ ermittelt, und der Mittelwert des KUV lässt einen Aktienkurs, der dem inneren Wert entspricht, von sogar 70€ zu.
  • Kapitalstruktur: Hier wird der zweite Parameter erkennbar, der diese Aktie zu einem soliden fundamentalen Value-Titel macht. Das Unternehmen ist so gut wie nicht verschuldet und verfügt über eine solide Ausstattung mit Eigenkapital. Das führt dazu, dass man künftige Investitionen jederzeit anstoßen kann. Bei einer Bilanzsumme von 277 Mio. EUR zum Abschluss des vergangenen Geschäftsjahres hat BB stolze 150 Mio. EUR auf der hohen Kante. Flexibilität wird garantiert, wobei man dem Vorstand dahingehend auch den Vorwurf machen könnte keine geeigneten Möglichkeiten für neue Investitionen zu finden.
  • Wachstum & Profitabilität: Sowohl die Umsätze als auch die Margen sind in den vergangen Jahren stark gefallen. Wie bereits erwähnt handelt es sich hier um ein äußerst zyklisches Geschäftsmodell. Anbieter, die im hochpreisigen Segment unterwegs sind, müssen sich in wirtschaftlich schwachen Phasen nicht derart viele Gedanken machen, da die Reichen und Superreichen auch weiterhin kaufen. Ob jedoch die Auszubildende oder junge Studentin noch an Schmuck denkt, wenn es wirtschaftlich mal schwächer läuft, darf hinterfragt werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch positiv hervorzuheben, dass man trotz der gesunkenen Margen immer noch eine Rendite über dem Branchendurchschnitt erwirtschaftet. Sobald es dann wieder hochgeht, könnte hier ein spannender Trigger erzielt werden.

Der subjektive Betrachtungswinkel

  • Familienunternehmen: In der vergangenen Woche war im Handelsblatt zu lesen, dass Ted, einer von zwei hauptverantwortlichen Portfoliomanagern bei Berkshire Hathaway direkt unter Warren Buffett, in Deutschland auf der Suche nach neuen Übernahmekandidaten ist. Die letzte Übernahme wurde mit Detlev Louis, einem Hamburger Motorradausstatter abseits des Kapitalmarktes durchgeführt. Die folgenden Kriterien wurden jedoch ausgerufen. Ein Unternehmen mit einem EBT von ungefähr 50 Mio. EUR, welches Familiengeführt ist und wo die Nachfolge noch eher unklar ist. Mit einem EBT von 40 Mio. EUR ist man von diesem Kriterium nicht weit entfernt bzw. erfüllt die ungefähr 50 Mio. EUR. Das Unternehmen wird zu über 50% von der Familie Werner gehalten. Roland Werner ist hier der Nachfolger und aktuelle CEO. Ob die Familie jedoch bereit wäre die Anteile abzugeben dürfte fraglich sein. Bei Detlev Louis ist das Management hingegen weiterhin aktiv geblieben. Berkshire gilt als passiver Investor. In Anbetracht der Natur des Geschäfts könnte man sich jedoch gut vorstellen, dass BB in das Portfolio einer Berkshire passt. Eine bekannte Marke, mit konservativem Geschäftsmodell bei günstigem Preis und stabilem Fundament.
  • Gesunkene Effizienz: Das Unternehmen wirkt auf den ersten Blick ein wenig steif. Die Effektivität hat in den letzten Jahren deutlich nachgelassen, was auch ein Grund für die rückläufige Profitabilität war. Dahingehend ist immerhin positiv, dass die Analysen der Aktie nicht mehr viel zutrauen, was den Kurs bereits ordentlich belastet haben dürfte. Die kommende JHV Anfang Juli könnte abschließende Fakten zur künftigen Strategieausrichtung auf den Tisch bringen.
  • Value-Investoren an Bord: Mit Acatis ist eines der bekanntesten Value-Häuser Deutschlands hier investiert. Hinzu kommt die eher auf alternative Investments fokussierte Lloys AG aus dem eher ländlichen Oldenburg. Dies unterstreicht sicherlich einmal mehr den Charakter eines Value, denn eines Growth-Titels.

Im Fazit:

Die Bijou Brigitte Modische Accessoires AG ist ein Value-Titel, der keine aktuellen Wachstumsfantasien mitbringt. Dies sollte Anlegern bewusst sein. Eine hohe Abhängigkeit zur Wirtschaft insbesondere zu den Konsumausgaben ist essentiell. Aktuell stimmen jedoch der Preis und auch die fundamentale Situation. Wenn das Unternehmen nun noch die Stellschrauben der Kosteneinsparungen und wieder steigenden Preise in den Griff bekommt, können spannende Opportunitäten entstehen.

Ihr Andreas Meyer

 

 

Quellen: www.greenriver-capital.com, www.bloomberg.com, www.reuters.com, www.morningstar.com

 


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